143 - Ist eine Straßenbahn in einer bereits gut angebundenen Neustadt wirklich notwendig?

Erstellt von K W am 7. April 2022 - 22:06 Uhr.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich leider hören musste, ist die Entscheidung, eine Straßenbahn zu bauen, bereits gefällt worden. Das ist schade, da die Bürger, die definitiv am meisten betroffen sind von den unvermeidbaren Baustellen und der Straßenbahn mit all ihren Folgen, nicht früh genug in die Überlegungen einbezogen wurden.
Eine Straßenbahn mitten durch die Neustadt würde leider dafür sorgen, dass Parkplätze wegfallen, Bäume gefällt werden müssen und die Straßen noch enger werden als sie bereits sind. In Mainz werden weniger Bäume gepflanzt als gefällt. Eine Oberleitung der Straßenbahn durch die Neustadt würde zu weiteren Fällarbeiten führen. Fahrradfahrer werden in Mainz immer weiter auf die Straße geholt und sind damit ein leichtes Opfer für unachtsame Autofahrer. Schienen sind ein weiteres Hindernis und führen zu Unfällen. Ein Beispiel sind der Mainzer Hauptbahnhof oder der Münsterplatz.
Es gibt bereits gute Busanbindungen in die Neustadt. Mainz möchte sich "klimafreundliche Straßenbahnstadt" nennen. Warum nicht nur "klimafreundliche Stadt"? E-Busse gibt es bereits, sie sind ein wunderbares Verkehrsmittel. Um sie auf die Straße zu bringen, braucht es weniger Aufwand. Fahrräder sollten ebenfalls mehr Aufmerksamkeit bekommen, mit sinnvollen eigenen Ampeln und eigenen ausgebauten Radwegen.
Es wird leider allgemein in Deutschland zu wenig darüber nachgedacht, welche Verkehrsmittel in einer Stadt heutzutage im Vordergrund stehen sollten. NICHT Autos sollten das primäre Verkehrsmittel sein, auf das stets Rücksicht genommen wird. Die Angst, Autofahrer zu verärgern, ist nicht berechtigt und nicht mehr zeitgemäß. Fahrräder sind nicht dazu da, dafür zu sorgen, dass Autos sich an die gegebenen Geschwindigkeiten halten. Sie benötigen eigene, gut ausgebaute Spuren. Auch in Mainz.
Richtig ist es also, Autofahren für die Zukunft nicht als primäres Verkehrsmittel in Mainz zu betrachten. Park & Ride-Parkplätze außerhalb der Stadt (am Mombacher Kreisel z.B) und von dort eine gute Straßenbahnlinie in die Innenstadt über die Rheinallee, das wäre hilfreich. Mainz benötigt NEUE Linien des öffentlichen Netzes. Es bringt nichts, die bestehenden Netze ständig zu verändern, wenn dadurch kaum neue hinzukommen.

Zu den einzelnen Strecken:
Die Hindenburgstraße ist eine der schönsten Straßen der Mainzer Neustadt.
Hier stehen viele alte und schöne Bäume. Es gibt auch viele Parkplätze. Eine Straßenbahn würde zu einer Verengung der Straße führen. Wo sollen Fahrräder fahren? Auf dem Bürgersteig? Auf der Straße, eng neben den Schienen?
Die Straßenbahn durch die Hindenburgstraße würde laut Ihrer Planung nicht nur durch eine schöne Baumallee führen, sondern auch am Rande des Goetheparks entlang, eine der wenigen großen Grünflächen in der Mainzer Neustadt. Am Rande der geplanten Strecke ist eine Kita und im Goethepark finden viele Freizeitaktivitäten statt. Eine Straßenbahn würde die Bürger gefährden, die sich dort aufhalten. Dort müsste ein Schutz gebaut werden, welcher die Grünanlage nur noch weiter verkleinern würde. Das wäre ein großer Verlust für die Anwohner und Besucher des Goetheparks. Außerdem fährt bereits eine Straßenbahnlinie nur eine Minute entfernt vom Goethepark, nämlich am Kaiser-Wilhelm-Ring in Richtung Hauptbahnhof bzw. Bismarckplatz (Haltestelle: Goethestraße). Eine Linie, die genau parallel dazu fährt, nur eine Minute entfernt, ist keine Verbesserung des öffentlichen Netzes.

Die Wallaustraße ist eine enge und unübersichtliche Straße. Sie ist hoch frequentiert, v.a. durch Fußgänger und Radfahrer.
Sie hat ebenfalls viele Parkplätze, wovon einige wegfallen müssten, würde hier eine Straßenbahn gebaut werden. An der Ecke zur Mainstraße gibt es eine steile Passage nach unten und sofort wieder hinauf. Hier Schienen zu legen, wäre extrem aufwendig.
Parallel zur Wallaustraße gibt es bereits eine Buslinie, die dort entlang fährt. Die Straßenbahnlinie hier wäre also kaum ein Mehrwert.

Wenn jedoch eine Straßenbahn gebaut werden muss, dann an der Rheinallee. Diese Straße ist groß, hat bereits z.T. eine Busspur, welche ausgebaut werden kann, und einen eigenen Radweg sowie Fußweg. Nehmen Sie den Radweg bitte nicht weg!
Hier kann man auch das am Rhein liegende Parkhaus so nutzen, dass Autofahrer z.B. aus Wiesbaden ihr Auto parken und mit der Straßenbahn weiterfahren Richtung Innenstadt.

Ich bitte Sie inständig, den geplanten Umbau gut zu durchdenken und nicht das zu tun, was am einfachsten scheint und vielleicht auf dem Papier gut aussehen mag.
Die Straßenbahnlinie Richtung Lerchenberg war vielleicht eine nette Idee, in ihrer Ausführung aber doch nicht ganz zu Ende gedacht.
An manchen Haltestellen gibt es leider nur von einer Seite die Möglichkeit, den Bahnsteig zu betreten. Automaten gibt es nicht an jeder Haltestelle und wenn, dann nur auf einer Seite. An einigen Stellen gibt es nur schlecht gesicherte Übergänge für Fußgänger oder Radfahrer.
All dies sind Dinge, die doch eingeplant werden sollten, wenn man schon Gelder investiert und einen so großen Umbau vornimmt.

Vielen Dank für Ihre Mühen und Zeit, sich alle Anmerkungen zum geplanten Umbau durchzulesen und mit in die Planung einfließen zu lassen.

Antwort der Mainzer Mobilität

Vielen Dank für Ihren ausführlichen Beitrag und dass Sie Ihre Gedanken und Ihre Meinung mit uns teilen.
Ja, der Stadtrat – und damit die politisch gewählten Interessensvertreterinnen und -vertreter der Menschen in Mainz – hat diesen Ausbau beschlossen. Dahinter steht aber ein Grund, der alle Menschen betrifft: Der Klimawandel und die für den Klimaschutz notwendige Verkehrswende zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Damit wir klimaneutral und nachhaltig leben können, setzen wir in Mainz auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Um den ÖPNV für alle Mainzerinnen und Mainzer attraktiv zu machen, müssen wir das bestehende Verkehrsnetz ausbauen und stärken. Hierbei wollen wir frühzeitig und parallel zur Vorplanung über das vom Stadtrat beschlossene und von der Mainzer Mobilität umzusetzende Projekt informieren. Dafür möchten wir mit Anwohnenden, Interessierten und Engagierten ins Gespräch kommen. Unser Ziel dabei ist: Wir wollen Sie, die Bürgerinnen und Bürger, in den Prozess einbinden, Ihre Bedürfnisse erfragen und schließlich Anregungen, Vorschläge sowie Hinweise zum Vorhaben erhalten und diskutieren. Diese werden von Planern und Planerinnen geprüft, bewertet und – sofern im Rahmen der finanziellen, technischen und organisatorischen Bedingungen möglich – in der Vorplanung berücksichtigt. So soll am Ende der Vorplanung eine umsetzbare Vorzugsvariante entstehen, die den Bedürfnissen möglichst vieler Mainzerinnen und Mainzer gerecht wird.

Aktuell befinden wir uns in der Planungsphase, also in einer sehr frühen Phase. Das heißt: Noch wissen wir nicht, was wann und wo tatsächlich gebaut wird. Deshalb können wir auch zu den Grünflächen und Parkplätzen noch keine genauen Angaben machen. Ökologie, Brandschutz, Stadtgestaltung, Denkmalschutz und Archäologie sind alles Aspekte, die wir bei unserer Planung berücksichtigen. Dabei werden Kompromisse nicht ausbleiben. Jedoch: Beide Themen – Grünflächen wie auch Parkplätze – werden in der Bürgerbeteiligung eine Rolle spielen, wenn die Menschen in den verschiedenen Formaten ihre diesbezüglichen Sorgen und Wünsche einbringen. Auch uns ist eine möglichst gerecht Verkehrsraumaufteilung alle Verkehrsteilnehmer wichtig.

Es freut uns, dass Sie mit dem aktuell bestehenden Mobilitätsangebot in der Neustadt zufrieden sind.
Den Ausbau unseres Straßenbahnnetzes gehen wir vor allem deshalb an: Der Klimawandel und die für den Klimaschutz notwendige Verkehrswende zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Damit wir klimaneutral und nachhaltig leben können, setzen wir in Mainz auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Um den ÖPNV für alle Mainzerinnen und Mainzer attraktiv zu machen, müssen wir das bestehende Verkehrsnetz ausbauen und stärken. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine vernetzte, innovative und nachhaltige Mobilität, in der die Straßenbahn eine wichtige Rolle spielt. Denn: Ökologisch betrachtet sind Straßenbahnen aktuell unschlagbar: Sie sind emissionsfrei, CO2-neutral und viele weitere Vorteile im Vergleich zu Bussen.
Busse mit E- oder Wasserstoffantrieb sind zwar im Vergleich zu Straßenbahnen ökologisch betrachtet ähnlich gut aufgestellt, Straßenbahnen können jedoch erheblich mehr Fahrgäste transportieren als Busse. Ein weiterer Vorteil ist: Mit der Straßenbahn stehen Sie viel weniger im Stau.
Davon ganz abgesehen sind die Möglichkeiten für den Einsatz im Mainzer ÖPNV-Netz bereits erschöpft. Mehr Busse würden sich gegenseitig „im Weg stehen“. Das liegt auch daran, dass eine Busspur breiter ist als eine Gleistrasse – und so mehr Raum in der Stadt einnimmt.
Verglichen mit Bussen, sind Straßenbahnen zwar teurer in der Anschaffung – sie haben aber eine längere Lebensdauer und können modernisiert werden. Das gilt auch für die Infrastruktur, die geschaffen werden muss: Das Schienensystem ist langlebiger als die Straße. Verbunden mit der Tatsache, dass Straßenbahnen – bezogen auf die Fahrgastzahlen – zwei bis drei Busse ersetzen, sind sie rein betriebswirtschaftlich bereits die lohnendere Investition.

Wo genau die neue Straßenbahnstrecke verlaufen wird, steht wie Sie wissen zum aktuellen Zeitpunkt nicht fest. Darüber entscheidet endgültig der Stadtrat, auf der Basis aller Erkenntnisse aus dem umfangreichen Planungsprozess einschließlich der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung. Wir versuchen, mit diesem ausführlichen und früh ansetzenden Beteiligungsverfahren gemeinsam die für alle bestmögliche Variante zu finden. Hierfür sind Einwände und Vorschläge wie Ihre wertvoll für uns.

Variante: Übergeordnet
Thema: Verkehrsraumaufteilung
Status: Beantwortet
Kommentare: 2
Neutral: 2
Nein: 3
Ja: 5

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Beteiligung abgeschlossen!

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Kommentare

Widersprüchlich
Erstellt von Christoph Sohn am 10. April 2022 - 13:28

Sie schreiben, Autos sollten nicht das primäre Verkehrsmittel sein, um das sich die gesamte Stadtplanung dreht, beherzigen diesen Grundsatz selbst jedoch nicht, wenn Sie Parkplätze als gegeben annehmen und deren Wegfall nicht einmal in Erwägung ziehen. Das führt dann auch zu der Fehleinschätzung, dass die Straßen in der Neustadt eng seien. Sie sind es nicht, vielmehr stehen auf beiden Seiten geparkte Fahrzeuge.

S-Linie Neustadt
Erstellt von Unwiederruflich am 11. April 2022 - 12:13

Ist völlig unnötig. Die Neustadt-Varianten sind alle drei völlig unrealistisch. Eine Stadt ohne Autos ist illusorisch und, by the way, auch Lastenräder nehmen viel Platz ein. Lasst es einfach bleiben und erweitert das Busangebot, wenn schon Geld rausgeschmissen werden soll.